Technische Indikatoren

Relative Volatility Index RVI von Dorsey – Technische Analyse

Aussage:

Der von Donald Dorsey 1993 entwickelte „Relative Volatility Index (RVI)“ basiert auf dem bekannten „Relative Strength Index (RSI)“ von Welles Wilder Jr.. Ausgangsbasis war hier die Überlegung, dass Indikatoren-Signale vor ihrer Umsetzung an der Börse zumeist einer Bestätigung durch andere Indikatoren bedürfen. Fälschlicherweise suchen die meisten Anleger nach dieser Bestätigung durch Konzeptionen, in denen die Kursdaten auf ähnliche Weise aufbereitet werden. Somit macht es z.B. keinen Sinn, ein „MACD“-Signal durch ein „GD“-Signal bestätigen zu lassen. Der „Relative Volatility Index“ versteht sich somit als reiner Bestätigungs-Indikator, ohne dass hier eigenständige Handelssignale abgeleitet werden sollten.

Dorsey wollte sich die Signale gewöhnlicher Kurs-Indikatoren durch die Entwicklung der Volatilitäten bestätigen lassen. Deshalb basiert sein „RVI“ alleine auf einem Vergleich der jeweiligen Standardabweichungen von Tagen mit Kursgewinnen und Tagen mit Kursrückgängen. Somit handelt es sich hier um einen „RSI“, in dem nicht der Durchschnitt der Aufwärts- und Abwärts-Schlusskurse, sondern der Durchschnitt der Aufwärts- und Abwärts-Standardabweichungen als Einflussgröße dient.

1995 stellte Dorsey eine überarbeitete Fassung des RVI vor, die ebenfalls Verbreitung gefunden hat.


Berechnung:

Es werden die täglichen 10-Tages-Aufwärts-Standardabweichungen (s, wenn Close heute > Close gestern) gebildet. Entsprechend des Glättungszeitraums (z.B. 14 Tage) werden diese Ergebnisse exponentiell geglättet. Das Resultat ist die durchschnittliche Standardabweichung an Aufwärtstagen.

Analog werden die täglichen 10-Tages-Abwärts-Standardab-weichungen (s, wenn Close heute < Close gestern) gebildet und zu einer durchschnittlichen Standardabweichung an Abwärtstagen geglättet.

Der „RVI“ errechnet sich, in dem die durchschnittliche Aufwärts-Standardabweichung durch die Summe von durchschnittlicher Aufwärts-Standardabweichung und durchschnittlicher Abwärts-Standardabweichung dividiert und mit 100 multipliziert wird.

Das Ergebnis ist eine um den Mittelpunkt von 50 oszillierende Darstellung mit den Extremwerten 0 und 100. Dabei zeigt ein Wert über dem Mittelpunkt eine überwiegende Aufwärts- Volatilität an, ein Wert unter dem Mittelpunkt analog eine überwiegende Abwärts-Volatilität. Bei einem Wert von 100 haben sich die Kurse im Einstellungszeitraum ausnahmslos erhöht, weshalb hier ausschließlich eine Aufwärts-Volatilität besteht. Analog haben sich bei einem Wert von 0 die Kurse im Einstellungszeitraum ausnahmslos reduziert, weshalb hier ausschließlich eine Abwärts-Volatilität besteht.


Formel:

s = Ö (Ct -MA)2 + (Ct-1-MA)2 +...(Ct-n+1-MA)2 / n

wenn Ct >Ct-1 dann u = s(10) und d = 0
wenn Ct t-1 dann d = s(10) und u = 0
Ut = (13 * Ut-1 +u) / 14
Dt = (13 * Dt-1 +d) / 14

RVI = 100*U / (U+D)

wobei

s = Standardabweichung
U = durchschnittliche Standardabweichung der letzten
n Aufwärtstage
D = durchschnittliche Standardabweichung der letzten
n Abwärtstage
In seiner 1995 veröffentlichten Modifikation des RVI definiert Dorsey:
New-RVI = (RVIH + RVIL)/2
„RVIH“ wird genauso wie der alte „RVI“ berechnet wird, wobei statt der Close-Kurse durchgängig die High-Kurse zugrunde gelegt werden. Entsprechendes gilt für „RVIL“ und Low-Kurse. Dorsey’s Motiv für die Verfeinerung war es, eine größere Diversifikation in Indikatorkombinationen zu erreichen, da viele parallel verwendete Indikatoren allein auf Close-Kursen basieren.


Einstellung:

14 Tage
n = 10 Tage für die Standardabweichung


Interpretation:

Im „RVI“ wird zwar die Kursrichtung des Basistitels gemessen, was jedoch nicht – wie im „RSI“ – durch die Kurse selbst, sondern durch die entsprechenden Standardabweichungen bzw. Volatilitäten erfolgt. Die Aussagen von „RVI“ und „RSI“ sind absolut identisch (Basistitel überkauft oberhalb von 70/80 und überverkauft unterhalb von 20/30), wobei der „RVI“ über die Berücksichtigung der Standardabweichungen geglättet wird, so dass vor allem die Sitzungen mit außergewöhnlichen Kursveränderungen hier eine geringere Relevanz erhalten.

Donald Dorsey hat seinen „RVI“ nur als Bestätigungs-Indikator verwendet. Somit werden Kauf- und Verkaufssignale anderer Indikatoren – Dorsey arbeitete hier primär mit einem „Double-Moving Average-System“ – nur befolgt, wenn der „RVI“ die gleiche Richtung anzeigt. Dorsey stellte die folgenden Handelsregeln heraus:

1. Kaufsignale, die durch Kreuzungen des „Moving Average“ generiert werden, sind nur dann zu beachten, wenn der „RVI“ oberhalb von 50 notiert.
2. Analog sind Verkaufssignale nur dann zu beachten, wenn der „RVI“ unterhalb von 50 notiert.
3. Wenn das Kaufsignal aufgrund der Regel 1 ignoriert wurde, sollte der Aufbau einer Long-Position erfolgen, wenn der „RVI“ über 60 steigt (sofern die „GDs“ noch immer bullish eingestellt sind).
4. Wenn das Verkaufssignal aufgrund der Regel 2 ignoriert wurde, sollte der Aufbau einer Short-Position erfolgen, wenn der „RVI“ unter 40 fällt (sofern die „GDs“ noch immer bearish eingestellt sind).
5. Eine Long-Position sollte geschlossen werden, wenn der „RVI“ unter 40 fällt.
6. Eine Short-Position sollte geschlossen werden, wenn der „RVI“ über 60 steigt.
Selbstverständlich kann der „Relative Volatility Index“ aber auch als eigenständige Studie Kauf- und Verkaufssignale generieren. Sofern das Kreuzen aus den Extrembereichen als Handelsindikation betrachtet wird, versteht sich der „RVI“ als Kontratrendoszillator. Wenn ein „Moving Average“ auf die „RVI“-Linie konstruiert wird und dessen Kreuzungen oder die Kreuzungen der Mittelpunktslinie als Handelsindikation herangezogen werden, bekommt die Interpretation einen eher trendfolgenden Charakter. Selbstverständlich macht es auch hier Sinn, nach Divergenzen im Kursverlauf (zum Basistitel) zu suchen


Empfehlung:

Der „Relative Volatility Index“ ist in der Tat einer der ganz wenigen Indikatoren, der eine vergleichbare Aussage zu den reinen Kurs-Indikatoren liefert, dessen Einflussgrößen jedoch nur „bedingt“ – über den Umweg der Standardabweichungen – identisch sind. Das Konzept ist auch auf viele andere Indikatoren anwendbar (z.B. „MACD Volatility Index“, „Stochastic Volatility Index“ etc.).


Querverweise:
RSIV-L DMI


Quelle:
Thomas Müller, TM BÖRSENVERLAG AG: Das GROSSE Buch der TECHNISCHEN INDIKATOREN

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